Welche weisen Worte mir mein HTL-Professor und Klassenvorstand vor fast 30 Jahren mitgegeben hat und warum diese heute für mich in Sachen Aus- und Weiterbildung aktueller denn je sind, das liest du gleich in meinem neuen Artikel.
Das ganze Wissen der Welt ist heute oft nur einen Klick, einen Wisch oder eine Suchanfrage entfernt. Vieles davon noch dazu kostenlos. Warum wir dennoch nicht aufhören dürfen zu lernen und wie man heute besser und anders lernt? Darüber habe ich mir auf Basis eines Uralt-Zitates meines HTL-Professors ein paar Gedanken gemacht.
Ich glaube es war nur ein schneller Nebensatz, der in einer Unterrichtsstunde gefallen ist. Ungefähr dritte, vierte Klasse HTL, ich als Teenager, jedenfalls vor dem Jahr 1995. Ganz bestimmt jedoch in der „Prä-Google“-Ära, denn ich erinnere mich, nur im Werkstättenlabor – ganz hinten im Eck – gab es eine PC-Workstation, die mit dem damals neuen, magischen Ding namens „Internet“ verbunden werden konnte.
Wir sprechen von einem frühen Netscape-Navigator (oder vielleicht sogar noch dem Mosaic-Browser) als Eingangstor zum „World Wide Web“, beschränkter Nutzungszeit bei minimaler Bandbreite und einem Elektronik- und Nachrichtentechnik-Diplomingenieur in seinen Mittvierzigern, der den wohl den Großteil seines Wissens noch aus Ordnern, Sammelmappen und Büchern bezogen hat.
Und dennoch fiel irgendwann der folgende Satz.
Wow! Das ist aus heutiger Sicht gar nicht mal so falsch, oder? Denn jegliches Hintergrund- und Detailwissen haben Schüler ab ihrem (erfahrungsgemäß spätestens) zehnten Lebensjahr in Form eines Smartphones in ihren Schul-, Hand- oder Hosentaschen.
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Wie funktioniert ein Elektromotor? Was sagt uns der pythagoräische Lehrsatz? Und wie war das noch mal mit dem Unglück der Hindenburg? Alles Dinge, die man innerhalb weniger Klicks herausfinden kann – Google, Wikipedia, YouTube und Co. sei Dank, und binnen wenigen (aufmerksamen!) Minuten ist man schlauer!
Was Schüler lernen müss(t)en
Ich bin der Ansicht, dass jeder Lehrer – ganz egal ob in der Volksschule, der Oberstufe oder im MBA-Lehrgang – seinen Schülern im Jahr 2021 „nur mehr“ die folgenden drei Dinge beibringen muss:
1. Interesse und Neugierde
Lasst uns die unaufhörliche Motivation vermitteln, etwas Neues lernen, wissen, herausfinden zu wollen. Unaufhörlich im wahrsten Sinne des Wortes, dass das Lernen weder am Nachmittag, noch in den Ferien, noch „später“ im Leben – nach einem Schul-, Lehr- oder Studienabschluss – zu Ende sein wird.
Die Dynamik der globalen Entwicklungen wird es gar nicht zulassen, unsere Gier auf Neues abzulegen. Zumindest nicht zu lange, wenn man in gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Belangen nicht nur am Ball bleiben, sondern ganz vorne mitmischen möchte.
2. Quellen und Werkzeuge
Lasst uns Freude machen auf moderne Tools und effiziente Prozesse. Freude auf alles rund um das gar nicht mal so einfache Handwerk des smarten Recherchierens. Wer ist schneller, wer hat neuere, fundiertere Quellen? Wer stellt dabei die richtigen Fragen an das jeweils beste Tool? All das zu beherrschen wird künftig einen Wettbewerbsvorteil ausmachen.
Wir brauchen laut meinem HTL-Professor schließlich (fast) nichts zu wissen, aber es ist alles andere als selbstverständlich, dass sich sowohl Kinder als auch Erwachsene das Smart in ihrem Phone wirklich zu Eigen machen. Ganz egal wie die verwendeten Findmaschinen des neuen Jahrzehnts schließlich heißen werden, ein beliebig großer, 24/7 mit dem Internet verbundener Touchscreen wird wohl auch in naher Zukunft die Vermittlerrolle zwischen uns Menschen und allem Wissen dieser Welt einnehmen.
3. Hausverstand und Beharrlichkeit
Und last but not least: Lasst uns einen Mix aus „logischem“, hinterfragendem und selbständigem Mit- und Nachdenken fördern – bei allem was man tut. Der gute alte „Hausverstand“ also wieder, Common Sense auf Englisch. Gepaart mit dem „Biss“, so lange an etwas dran zu bleiben, bis man schließlich etwas gelernt und/oder herausgefunden hat.
Idealerweise geschieht das alles nicht ausschließlich alleine, ganz im Gegenteil, im regen Austausch mit seinen Mitmenschen – Mitschülern, Eltern und Familie, Lehrern oder anderen Vorbildern. Ganz egal ,ob diese mit einem im selben Raum oder tausende Kilometer entfernt sind, die Technik macht’s möglich, nimmt einem aber nicht den aktiven ersten Schritt der Kontaktaufnahme, des Nachfragens, des um Hilfe Bittens ab.
Ich kenne es selbst, etwas Neues zu lernen braucht oft nur wenige Minuten. Dennoch nimmt man sich nicht die Zeit und/oder die Mühe auf sich, diverse Ablenkungen mal beiseite zu legen, um etwas wirklich konzentriert zu lesen, zu verstehen, zu lernen. Hast du dich nicht auch schon einmal dabei erwischt, (halb-)stundenlang in endlosen Social Media Feeds zu scrollen, mit immer neuen Eindrücken im Sekundenrhythmus, während dir das aufmerksame Anschauen eines siebenminütigen Videos „ewig“ lange vorkommt?
Ich hoffe stark, dass wir und vor allem unsere Kinder es durch TikTok und Co. nicht vollständig verlernen, uns länger als ein paar Sekunden auf eine Sache konzentrieren zu können, vielmehr konzentrieren zu wollen!
Lernen von gestern = Auswendiglernen von statischen Informationen, ohne Kontext und kritischem Hinterfragen.
Lernen für morgen = Neugieriges und proaktives Recherchieren mit modernen Hilfsmitteln, ohne Scheu vor Fehlschlägen.
Du brauchst nix wissen, du musst nur wissen, wo’s steht
Wie siehst du das? Habe ich etwas Wichtiges vergessen oder sehe ich diese Punkte komplett falsch? Schreib mir gerne eine Antwort in den Kommentaren!
Ich wünsche dir jedenfalls einen guten Start ins Jahr 2021, das hoffentlich auch für Dich gesund, glücklich und aufs Neue lehrreich verläuft!
PS: Ein großes Danke gilt meinem Sohn Gabriel! Du hast mich beim gemeinsamen Lernen in den letzten Wochen an meine Schulzeit erinnert und mich dabei für diesen Beitrag inspiriert.
PPS: Danke auch für diesen aktuellen Artikel einer Lehrerin bei DerStandard.at: https://www.derstandard.at/story/2000122632137/warum-corona-das-schulsystem-an-die-wand-faehrt. „Ja, es gibt einen tatsächlichen Zusammenhang zwischen ‚einem Kind etwas zutrauen‘ und dem, was sich ein Kind zutraut.“ Trauen wir doch unseren Kindern und Schülern zu, mit all den Veränderungen und aktuellen Möglichkeiten in der Wissensvermittlung verantwortungsbewusst und zeitgemäß umzugehen!