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Müssen Websites endgültig auf Cookie-Diät? Über neue EuGH-Urteile, ein bisschen Verwirrung und (vielleicht) etwas Aufklärung

Jetzt ist schon wieder was passiert. Und zwar am 1. Oktober 2019 in Luxemburg. Lesen Sie meine kurzen Gedanken dazu, was Website-Betreiber nach dem neuen EuGH-Urteil zum Setzen von Cookies auf Websites wissen soll(t)en, tun könn(t)en und umsetzen müss(t)en.

Sind jetzt alle Website-Cookies illegal?

Nein. Zunächst mal der Reihe nach: Das hier verlinkte EuGH-Urteil wurde gefällt. Zum besseren Verständnis hier auch noch die etwas leichter verdauliche Presseinformation als PDF.

„Das Setzen von Cookies erfordert die aktive Einwilligung des Internetnutzers. Ein voreingestelltes Ankreuzkästchen genügt daher nicht.“

EuGH-Urteil vom 1. Oktober 2019

Was bedeutet das EuGH-Urteil vom 1. Oktober 2019 für Website-Betreiber?

Ganz ehrlich? Rechtlich gesehen weiß ich es nicht und habe auch nicht die Befähigung dazu, eine rechtsverbindliche Stellungnahme abzugeben*. Aber ich kann eine Woche danach nicht einfach dabei tatenlos zusehen, wie die ganze Online- & Digital Marketing-Branche in den Abgrund geredet und geschrieben wird.

Und ich möchte auch weiterhin nicht datenlos zusehen in einer Welt, in der zunehmend ohne (digitale) Daten nichts mehr geht: Österreichweit wird der „Kaiser“ plakatiert, um die „Vorteile“ des neuen jö Bonus Club zu bewerben. Uber weiß weltweit, an welcher Straßenecke wir auf unseren Fahrer warten, welche Musik wir mögen und mit welcher Kreditkarte wir die Fahrt am Ende bezahlen. Und Sie mögen es doch eigentlich auch, nach einer Onlinebestellung sofort zu wissen, wo sich Ihr Geld (Push-Nachricht am Smartphone) und Ihr Packerl (Versandtracking) gerade befinden. Profitieren also vielleicht nicht nur Website-Betreiber von Daten und modernen Tracking- und Analysetechnologien, sondern etwa auch der Konsument?

If you can’t measure it, you can’t improve it.

– Peter Drucker

Jetzt müssen wir also alle Analytics-, Facebook-, Retargeting- und sonstige Pixel ausbauen und jegliche digitale Erfolgsmessung oder mit dazu gleich auch die Online Kampagnen allesamt beenden? Nein, so stimmt das nicht. Wir müssen „nur“ unseren Nutzern klar(er) und deutlich(er) mitteilen, was auf der Website passiert. Etwas unfair finde ich dabei, dass das – im Gegensatz zu vielen anderen herkömmlichen oder digitalen Angeboten – immer weniger „kleingedruckt“ passieren darf, sondern immer fetter, größer und aufdringlicher. Wobei das kuriose ist, dass Nutzer ihre Zustimmung auf jeder einzelnen Website separat geben müssen. Nachrichten lesen? Ja, ich erlaube Cookies. Suchmaschine benutzen? Ja, ich erlaube Cookies. Kaffee nachbestellen? Ja, ich erlaube Cookies. Flug buchen? Ja, ich (!) erlaube (!) Cookies (!)

Mal groß mal klein mal lang mal kurz mal unten mal oben mal bunt mal grau: JA, ich erlaube Cookies! (oder eben nicht, ich muss ja als Konsument informiert werden und frei wählen können…). Übrigens benötigt „der Einsatz unbedingt erforderlicher Cookies“ weiterhin keine aktive Einwilligung der Nutzer. Wobei dabei offen bleibt, wer denn definiert, was „unbedingt erforderlich“ ist und was nicht…

„As long as it is not about sexuality, religion or politics, users prefer comfort and utility over privacy.“

– Scott Galloway

Ist das nicht ein bisschen wie an jeder Straßenkreuzung die StVO akzeptieren zu müssen (Motor abstellen, abschnallen, aussteigen, Zustimmung an Ampel- oder Laternenmast erteilen, einsteigen, anschnallen), bevor wir abbiegen und weiterfahren dürfen? OK, vielleicht ein bisschen ähnlich, vielleicht auch nicht. Nicht alles, was hinkt, ist schließlich ein Vergleich. Aber vielleicht ein Denkanstoß… Wo führt das aktuelle Vorgehen denn hin, wenn man sich die folgenden beiden Screenshots ansieht? Warum kann ich nicht einmal zentral hinterlegen, dass Webanalyse mit Google Analytics Tracking für mich grundsätzlich ok ist? Einmal zustimmen (oder ablehnen), für alle Websites, weltweit.

Lufthansa.de - Informationen zum Datenschutz
Ja, ich bestätige, dass ich mir den ganzen Vormittag Zeit nehme, um die Informationen zum Datenschutz der Lufthansa (knapp 8.000 Wörter bzw. 23 unformatierte A4-Seiten) zu lesen, sie zu verstehen und vollumfänglich zu akzeptieren, bevor ich den nächsten 170€-Wochenendflug nach Mallorca buche. Vielleicht überlege ich mir auch noch, ein berufsbegleitendes Jus-Studium zu beginnen, bevor auf der nächsten Website dasselbe Spiel von vorne beginnt, sobald ich mir den Mietwagen reserviere. Und das Hotel muss ich ja auch noch buchen…

Schluss damit!

Nicht nur mit meinem obigen kurzen „Rant“, sondern hoffentlich auch mit etwas Unklarheit hinsichtlich dem neuen EuGH-Cookie Urteil. Ja, Sie müssen Ihren Website-Besuchern nicht nur vorausgewählt mitteilen, dass Sie Webanalyse- und Marketingtechnologien einsetzen, sondern diese müssen – seit 1.10.2019 gibt es dafür schlichtweg noch einen Grund mehr – aktiv und unbeeinflusst (also nicht „vorab angehakt“) die Möglichkeit haben, diese zu erlauben oder diesen zu widersprechen. Das ist übrigens nicht mal so neu, denn im Mai 2018 trat die DSGVO in Kraft und das TKG gibt es noch länger, wo diesbezügliche Hinweise und Vorgaben ebenfalls zu finden sind. Sie erinnern sich?

Screenshot TechCrunch
Ok, hier gehts zum Datenschutzcenter von Verizon Media, aber dank dem Unkenntlichmachen des Hintergrundes habe ich irgendwie vergessen, welchen Artikel ich eigentlich lesen wollte?! „Fun“ Fact: 169 (!) Cookies setzt die Website TechCrunch, sobald ich auf das blaue OK zum eigentlich Artikel weiter klicke…

Nicht länger datenlos zusehen.

Was bleibt Ihnen nun? Warten Sie nicht, bis etwas passiert, noch mehr Blogs aufklären, noch mehr Juristen verunsichern oder weitere EuGH-Urteile folgen. Warten Sie einzig und allein Ihre Website, Ihre Trackingpixel und Datenschutzhinweise. Dass Handlungsbedarf besteht, haben Sie bis hierher – denke ich – erkannt.

  1. Lesen Sie sich als Website-Betreiber näher in das Cookie-Thema ein, konsultieren Sie Ihre Fachabteilungen oder externe Dienstleister für Recht sowie (Online) Marketing, räumen Sie Unklarheiten – für Sie und Ihre Website-Nutzer – aus dem Weg und erarbeiten Sie eine rechtskonforme Lösung.
  2. Setzen Sie die erforderlichen Schritte um und holen Sie sich die geforderten Einverständniserklärungen, um Ihre Nutzer klar(er als bisher) darüber zu informieren, welche Analyse- und Marketing-Cookies auf Ihrer Website oder in Ihrem Onlineshop zum Einsatz kommen.
  3. Und machen Sie (bitte) weiter mit Online Marketing, einem der effizientesten und messbarsten Marketing- und Vertriebsinstrumente, das bisher erfunden wurde.

Weiterführende Links

Mögliche Lösungen und Cookie-Plugins

* Disclaimer: Dieser Artikel soll lediglich meine Gedanken als Digital Marketer widerspiegeln, der so verantwortungsvoll wie möglich im Sinne der aktuellen Rechtssprechung und seiner Kunden agieren möchte. Die Inhalte sorgen möglicherweise für den einen oder anderen Gedankenanstoß, sich mit der Materie (dringend) näher zu beschäftigen. Dies ist keine rechtsverbindliche Empfehlung für Prozesse und/oder Tools zum rechtmäßigen Betrieb von Websites, Webanalyse- und Online Marketing-Tools. Ich hafte nicht für sämtliche hier zitierte Aussagen sowie verlinkte Webseiten, Unterlagen und/oder Software.

In God we trust, all others must bring data.

– W. Edwards Deming
© digitalbuero - Pic by thecreatingclick.com
Warten Sie nicht länger, sondern warten Sie einzig und allein Ihre Website, Ihre Trackingpixel und Datenschutzhinweise!

tl;dr: Laut EuGH dürfen Cookies, die Webanalyse- und/oder Marketingzwecken dienen, auf Websites nicht ohne eine aktive Einwilligung des Nutzers verwendet werden. Darunter fallen zB. Google Analytics, der Facebook-Pixel oder jegliches Conversion-Tracking von Onlinemarketing-Tools wie Google Ads. Der Einsatz unbedingt erforderlicher Cookies benötigt hingegen keine Einwilligung der Nutzer. Die Definition darüber, welche Cookies „unbedingt erforderlich“ sind, ist dabei nicht klar geregelt.

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